Vom Tiffanytape zur Kupferlitze

 Sachlage

Der Raceway ist nun seit über 3 Jahren in Betrieb, es wurden über 100.000 Runden pro Spur gefahren und mittlerweile schickt sich das Tiffanytape an, seinen Leitungsdienst zu verweigern.
In den letzten 3 Rennen mussten wir den Betrieb für Ausbesserungsarbeiten unterbrechen, weil ein Streckenabschnitt tot war.
Es hatte sich im Übrigen auch gezeigt, dass dieses sauteure 3M Kupfertape, das ich zum Ausbessern besorgt hatte, seine Leitfähigkeit über den leitenden Kleberücken mit der Zeit verliert…warum auch immer.
Da ich ein Mensch bin, der schlecht mit Kompromissen leben kann, war nun die Zeit gekommen, auf Litze umzustellen. Nicht umsonst wird in Renncentren und Bahnen mit regelmäßigem Betrieb Kupferlitze benutzt.

Als Empfehlung würde ich nun bei stärker frequentierten Bahnen, wie der RA-DO-RACEWAY immer Litze empfehlen, auch wenn das Tiffanytape mit Sicherheit eine gute alternative ist. Das Tape ist einfach zu empfindlich gegen Unachtsamkeiten und reißt leicht bei Temperaturschwankungen an den Übergängen.

Überlegungen

Wir haben uns lange Gedanken gemacht, ob ein Umstieg auf Litze bei einer gebauten Bahn mit 3 Brückendurchfahrten überhaupt machbar ist, ohne dass man zu viel an der Strecke rückbauen muss.
Auch war die Hemmschwelle für mich ziemlich groß, eine ansich funktionierende Bahn einer „Operation“ zu unterziehen, dessen genauen Verlauf man nicht kennt, weil diese Maßnahmen im Grunde völliges Neuland für mich war. Auch das Internet bot keinerlei Berichte oder Erfahrungswerte über einen derartigen Eingriff, den ich nur mit äußerst geringem Aufwand betreiben wollte.

Folgende Dinge waren wichtig:

  • Durchgängige, verzinnte Litze
  • Maximal zwei Einspeisungen
  • Litzenmaße 5.8×0.8mm
  • Verlegung ohne neuen Farbanstrich (Grip erhalten)

Das klingt erstmal nicht sonderlich anspruchsvoll, doch bei genauerem Überlegen gab es Hürden, die erstmal bewältigt werden mussten, ohne dass die Bahn besonders leidet.
Ein Problem, das mich besonders beschäftigte, waren die Durchfahrten. Die Durchfahrthöhe von knapp 15cm macht dort den Einsatz einer Oberfräse unmöglich, deshalb musste nach einer Lösung gesucht werden.
Ein Beitrag aus dem Freeslotter-Forum, in welchem eine Bahn vorgestellt wurde, die KOMPLETT von Hand(ohne Oberfräse) gefertigt wurde, brachte dann die Lösung: das Messer eines Handhobels wurde auf die Breite des Litzenbetts (16mm) geschliffen und mit je einem Führungsstift vor und hinter der Schneide versehen. Somit hatte man ein Werkzeug, das ohne Probleme unter den Durchfahrten durchgeschoben werden konnte.

Werkzeug

Ein weiteres Problem war der Fräser. Bekannterweise gibt es „von der Stange“ keinen Zapfenfräser, mit dem die Arbeiten mit der Oberfräse durchgeführt werden können.
Alternativ haben einige Slotkollegen ihre Oberfräse mit Führungsstiften ausgestattet, die das Fräsen des Litzenbetts mit zwei Arbeitsgängen möglich macht. (erst rechte, dann linke Seite des Litzenbetts).
Doch diese Option wollte ich schon aus diesem Grunde nicht nutzen, weil man durch das „externe“ Anbringen des Führungsstifts beim Fräsen der Kurven einen sogenannten „Nachlauf“ erhält. Dieses hat zur Folge, dass das Litzenbett besonders bei engeren Kurven nicht mehr mittig über dem Slot liegt. Die Fräse lenkt zur Einfahrt der Kurve schon ein, während der Fräser die Kurve noch nicht erreicht hat.
Des Weiteren hatte ich mich für eine Litze mit einer Breite von 5.8mm und 0.8mm Stärke entschieden. Wenn also das Litzenbett durch diesen Nachlauf nicht breit genug gewesen wäre, würde sie in den Slot ragen und sich mit der Zeit womöglich durchscheuern, weil der Leitkiel der Autos permanent dran lang schrabbt.(so gesehen auf einigen Clubbahnen)

Demnach habe ich einen Slotkollegen gefragt, ob er mir nicht ein solches Werkzeug machen kann. Er ist bei einer metallverarbeitenden Firma beschäftigt und sagte mir sofort zu.
Leider war aber der gelieferte Fräser aus HSS-Stahl, dessen Eigenschaften ich schon damals aus dem Fräsen der Slots kennengelernt hatte. HSS eigenet sich nicht, MDF-Platten zu bearbeiten!
Da ich aber bei einer Tiefe von knapp 1mm keine nennenswerten Schnittleistungen erwartet hatte, habe ich das Teil benutzt und es ging sogar richtig gut… aber leider nur 50cm weit! Danach warf sich ein Grat an beiden Schneidekanten auf, der sich nicht „einfach“ wegfeilen lies!
Demnach kann man global sagen: HSS-Fräser eignen sich nicht für das bearbeiten von MDF! – egal, wie Tief und wie weit man damit fräsen möchte!

Der Handhobel zum arbeiten unter den Brücken

Ansicht von der Unterseite. Zwischen den beiden Führungsstiften kann man die zugeschliffene Klinge sehen.

Also bin ich in den Baumarkt gefahren und habe mir einen 16mm Fräser mit zwei Hartmetallschneiden besorgt. Diesen habe ich dann in eine Lehrwerkstatt gebracht, wo mittels eines Stirnfräsers und einer Drehbank ein Stift eingesetzt wurde, der den Durchmesser meines Slots hatte (3mm)
Die ganze Aktion hat mich dann „wahnsinnige“ 15 Euro gekostet – ein Spottpreis, den ich gerne gezahlt habe, denn mir war wichtig, die Arbeiten lieber mit einem „passenden“ Fräser zu machen, als mit unterschiedlichsten Hilfsmitteln ein Litzenbett durch mehrere Arbeitsgänge zu fräsen.
Dazu kommt, das der Führungsstift in einem Sackloch mit einer Übergangspassung sitzt. Damit hätte ich sogar die Option, einen anderen Durchmesser einzusetzen.

Bosch Fräser

Führungsstift – mittlerweile schon etwas in Mitleidenschaft gezogen

Falls ihr ebenfalls auf der Suche nach einem Fräser seid, achtet beim Kauf darauf, dass es ein Hartmetallfräser mit „nur“ zwei Schneiden ist. Es gibt Fräser mit einer 3. Schneide, die an der Stirnseite quer eingelötet wurde. (z.B.Festool)
Diese Fräser sollen das „Einstechen“ ins Material problemloser machen, sind aber für die Modifikation mit einem Passtift in der Mitte ungeeignet, da man Hartmetall nicht mehr bearbeiten kann.

Das Einsetzen eines Stiftes kann prinzipiell jeder metallverarbeitende Betrieb erledigen, sofern er in Besitz einer Drehbank und eines entsprechend großen

Stirnfräsers ist – dieses sollte keine besondere Herausforderung sein. Danach ist der Fräser im Grunde die kleinste Hürde beim Fräsen eines Litzenbetts.

Das Fräsen

Nachdem wir nun den richtigen Fräser in der Maschine hatten, war die Arbeit schnell erledigt. Lediglich die richtige Tiefe musste gefunden werden. Bei einer Stärke der Litze von 0.8mm haben wir die Frästiefe auf 1mm eingestellt, da wir einen Aufbau des Klebers von etwa 0.2mm vermuteten. Da der RA-DO-RACEWAY aber recht bergig ist, gab es an den Übergängen Berg/Tal kleine Probleme, da durch die „Knickung“ die Oberfräse nicht tief genug fräsen konnte. An diesen Stellen musste später nachgearbeitet werden.

Ein weiters Problem stellten Streckenabschnitte auf den äußeren Spuren dar, die sehr knapp an der Bahndeko entlang führten. Da die Landschaftsgestaltung größten Teils aus Gips besteht, mussten an einigen Stellen „Steinmetzarbeiten“ durchgeführt werden.

Alles in Allem haben für das Fräsen der vier Spuren mit einer Gesamtlänge von 100 Metern ca. 4 Std. gebraucht.
Das Zeitaufwändigste dabei war das „rumkraxeln“ auf der Bahn, um die Oberfräse umzusetzen – bei knapp 2 Meter Körpergröße und 115 KG Lebendgewicht nicht ganz einfach! 😀

Bei den Durchfahrten kam dann der Handhobel mit dem geschliffenen Messer zum Einsatz, weil die Oberfräse nicht drunter passte. Allerdings gab es auch hier Probleme, die man vorher nicht vermutet hätte.
Zum einen platzte die Farbe durch das recht grobe Hobeln an den Kanten ab, zum anderen lief eine Kurve einige cm unter die Durchfahrt, was den Einsatz mit Führungsstiften unmöglich machte.

Ein häßlicher Grat durch falschen Fräser


Die Bahn sollte immer sauber sein, sonst gibts Kratzer

Brückendurchfahrt: für die Oberfräse zu niedrig!
hier musste mit dem Handhobel gearbeitet werden.

Um ein möglichst sauberes Litzenbett unter den Brücken hobeln zu können, mussten wir den Führungsstift entfernen und die Kurvenausläufe frei Hand hobeln. Gegen das Abplatzen der Farbe war allerdings kein Kraut gewachsen. Selbst das Vorritzen des Litzenbetts blieb erfolglos, da man das Messer nie so genau führen konnte, wie es die „Ritzung“ verlangte. Dieses hatte ausserdem zur Folge, dass wir unter den Brücken keine ganz saubere Kante erhielten.
Es empfiehlt sich, dass man beim Einsatz eines Handhobels immer nur in eine Richtung hobelt. Durch den ungenauen Einsatz des Messers und durch das Nachstellen der Tiefe (man kann ca. 1mm nicht in einem Arbeitsgang schaffen!) ist es sowieso schon schwierig, keinen allzu starken Versatz zu erhalten.

Das Ausbessern

Nachdem diese Arbeiten dann aber auch zufriedenstellend erledigt waren, haben wir unter den Durchfahrten dann doch die Kanten des Litzenbetts nachgestrichen, damit es nicht so ganz ausgefranst aussieht. Allerdings haben wir wirklich nur das Litzenbett abgeklebt, um den aufgefahrenen Gripp an diesen Stellen nicht zu unterbrechen.
An einer Stelle ist uns zudem der Fräser in einen gespachtelten Spalt gerutscht und wir hatten dann den „Beginn einer Boxeneinfahrt!“ 😀
Diesen faux pas haben wir aber mit Holzspachtel wieder korrigiert und ist somit schnell wieder ausgebügelt worden.

Das Ausbessern des Lacks unter der Brücke war zwar fummelig, aber notwendig, da der Handhobel den Lack beschädigt hatte.
Hier hat sich der Fräserführungszapfen in den weicheren Spachtel gedrückt. Etwas Holzspachtel hat den Fehler ausgebügelt.

Durch das Fräsen hat es auch ein paar oberflächliche Kratzer im Lack gegeben, die zwar nicht problematisch, aber unschön anzusehen sind. Die Oberfräse war an ihrer Gleitpaltte trotz Staubsauger offensichtlich doch nicht so sauber, es haben sich ab und zu einige Späne und Frässtaub darauf abgesetzt, sodaß es zu leichten Kratzern an ein paar Stellen auf der Farbahn kam.
Ich vermute aber, dass diese Schönheitsflecke nach einigen Runden Fahrbetrieb wieder verschwinden werden.

Nun ging es ans Kleben.

Als Kleber hat sich Pattex bewährt.
Um die Kosten zu reduzieren, haben wir PATTEX als 650 Gremm Gebinde gekauft und in Plastikflaschen mit Schlauch umgefüllt.
Mit dieser Flasche und dem Schlauch konnte man durch Quetschen die notwendige Klebemenge gut dosieren. Der Schlauch diente dabei als Führungsrüssel.
Die Litze wurde pro Spur auf die erste Hälfte (weil 2 Einspeisungen) zugeschnitten und auf eine Papptrommel gerollt. Dieses hat den Vorteil, dass man für die einzelnen Klebeabschnitte eine handliche Rolle hat, die man nach Bedarf abrollen kann, ohne dass sich die Litze verknotet.

Die Kalbeltrommeln erleichtern das Verlegen und verhindern Knicke und Knoten
Beim Verlegen darauf achten, dass die Litze nicht in die frisch gelegte PATTEX-Schnur rutscht!

Wir haben zum „Eingewöhnen“ am Anfang nur eine Spur auf einmal geklebt. Später haben wir zwei Spuren (4xLitze) gleichzeitig verklebt, was sich am effizientesten erwies.
Die Menge des aufzubringenden Klebers musste auch in Erfahrung gebracht werden: Zu viel bedeutete Schmiererei, zu wenig bedeutet Gefahr des Lösens.
Der Mittelweg war dann wohl der Richtige, wobei dabei auch das Ablüften noch eine große Rolle spielt. PATTEX ist ein Kontaktkleber, der nur gut hält, wenn der Kleber schon angefangen hat, abzubinden und dann mit entsprechend hohem Druck eine Verbindung mit der Litze eingeht.
Zum Andrücken der Litze eignet sich ein Holz, dass genau die Breite des Litzenbetts hat – in unserem Falle 16mm.
Beim Verkleben ist darauf zu achten, dass die Litze möglichst spannungsfrei durch die Kurven gelegt wird! Zu viel Zug lässt die Litze auf den Kurvenaussenseiten nach innen rutschen und der Slot wird dadurch verengt.
Nach dem Kleben sollte man die Litze auf korrekten Sitz kontrollieren und ggfls. korrigieren. BEIM einsatz des Holzklotzes sollte man nur in Verlegerichtung die Litze andrücken, damit eventuelle Aufwürfe zur noch nicht verklebten Seite rausgedrückt werden.

Die Einspeisungen
Das Verkleben hielt im Grunde am meisten unter den Brücken auf, da man mit der Kleberflasche kaum an die Stellen kam. Im nachhinein hat sich auch rausgestellt, dass eine Frästiefe von 0.9mm ausgereicht hätte, da der Kleber nicht so viel aufgetragen hatte, wie vermutet. Aber besser 0.1mm zu tief, als wenn die Litze später aus der Farbahn rausgestanden hätte.
Die Litze haben wir übrigens bei einem deutschen Hersteller bezogen. Die Firma KF-INSINGER war WIllens und in der Lage, uns eine „Mindermenge“ von 200 Metern auf gewünschtes Maß zu produzieren. Normalerweise liefern diese Firmen erst Mengen jenseits eines Kilometers und mehr!

Nachdem die Litze komplett verlegt war, haben wir die Einspeisungen mit Schrumpfschlauch gegen Kurzschluss versehen und mit Lüsterklemmen verbunden.

Dann wurden noch einige Schönheeitsarbeiten an der leicht ledierten Landschaft durchgeführt und nun ist der RA-DO-RACEWAY bereit für seinen ersten „Litzeneinsatz“
Ich bin gespannt, wie sich der Umbau auf die Rundenzeiten auswirkt. Da ich alle Zeiten der letzten 3 Jahre dokumentiert habe, kann ich in ca. 6 Monaten eine Aussage über die Performance im Vergleich machen. Dieses interessiert mich besonders.

Aktualisiert am 14.09.2009 | © by MAXX – RA-DO Raceway